Dieser Roman von Matthias Brandt hat alles, was ein gutes Buch braucht!
Zugegeben, allein die Tatsache, dass es sich hier um einen Debütroman handelt, dessen Inhalt in den Medien kurz mit „Jugend in den 70ern“ benannt wurde, hat mich angefixt. Zwar ist das Cover – ich gehöre zu jenen Lesern, die am liebsten zu Büchern greifen, die toll aussehen – nicht ganz nach meinem Geschmack, aber egal … Ich liebe diesen Roman!
Ich habe nicht weiter recherchiert inwieweit und ob die Handlung Biographisches beinhaltet, aber es würde mich schwer wundern wenn nicht! In diesem Fall wäre Brandt für mich noch genialer.
Matthias Brandt (1961 geb.) erzählt hier von Morten Schumacher, genannt Motte, so, wie man es eigentlich nur kann, wenn man ganz nah am Alter des Protagonisten dran ist. Die Gefühle und Gedanken, die in einem Teenager aufkommen, wenn er sich gerade in ein Mädchen verguckt hat, die Schilderungen des Alltags, der Schule, der Lehrer, der Musik…
Man lacht mit Motte und seinen Freunden und weint und erinnert sich plötzlich wieder an viele Dinge, die man selbst erlebt hat: Momente, in welchen man erkennt, dass alle Überwindung, die es gekostet hat, der Angebeteten seine Liebe zu erklären, völlig für die Katz gewesen ist, weil sie ihr Herz gleich an den nächst besten Austauschschüler verschleudert; Der Schmerz, der einen während des Liebeskummers lähmt und länger andauert als befürchtet.
… Und dann ist da noch die Erfahrung, einen geliebten Menschen zu verlieren, nicht weil er sich nach jemand anderem umgesehen hat, sondern weil er tot ist!
Ganz nah dran erzählt also Matthias Brandt von Motte und dessen Leben. Im Zentrum steht die Freundschaft zu Bogi, Manfred Schnellstieg, dessen Spitzname – wie man das so kennt – aus einer witzigen Begebenheit entstanden ist:
Bogi hieß so, seit Udo Mönch uns vor ein paar Jahren in der großen Pause gefragt hatte, ob wir gestern Abend auch den Film mit Manfred Bogart gesehen hätten.
„Hä?“
„Na, den Film!“, hatte Udo gesagt.
„Wie hießt der noch? Kassaplancka! Mit Manfred Bogart!“
Wir hatten uns krankgelacht, und Udo Mönch, dieser Vollhorst, war stinksauer abgezogen.
„Wollt ihr mich verarschen? Was soll das denn für´n Name sein, Hampfree?“, hatte er im Weggehen gekräht.
Seitdem war also Manfred Schnellstieg nur noch Bogi genannt worden.
Matthias Brandt, Backbird. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2019, S. 7
Bogi, Mottes bester Freund mit einem sauschlechten Musikgeschmack, erkrankt an Krebs. Wie schwer das für Manfred auszuhalten ist und wie er damit umgeht, wird in „Blackbird“ so unfassbar genial verschriftlicht, wie in kaum einem anderen Roman, den ich gelesen habe. Motte drückt sich vor der Realität. Er will und kann es nicht wahrhaben, dass sein Bogi todkrank im Spital liegt und alles jetzt irgendwie anders ist. Er schämt sich für sein „Nicht“-Handeln, denn er meidet die Besuche im Krankenhaus so gut wie möglich, und am Ende entscheidet er sich für die Sprachlosigkeit, weil jedes Wort unsinnig erscheint in Anbetracht des Verlustes.
Doch … „Blackbird“ ist keine Geschichte über einen krebskranken Teenager, der Roman ist viel mehr! Und dass dies so ist, liegt vor allem am Sprachwitz, den hinreißend echten Romanfiguren und den wunderbaren Details des Buches.
Ich hatte darüber nachgedacht, Jacqueline vielleicht doch den längeren Brief, also den Entwurf, zu schicken. Mit allen Verbesserungen drin und so, wodurch man ja auch gesehen hätte, wie viel Arbeit ich mir gemacht hatte. … Ich hatte mir diesen Brief nämlich abgerungen. „Abgerungen“ hatte Frau Standfuss in Deutsch neulich mal gesagt, als sie über die Geschichte von Franz Kafka mit dem Käfer gesprochen hatte. Der Kafka habe sich das abgerungen. Ich hatte wahnsinnig über die Geschichte lachen müssen, bis es sogar Frau Standfuss zu viel geworden war, und das will was heißen. …
Egal, Franz Kafka hatte sich die Geschichte also abgerungen, sagte Frau Standfuss, und deshalb sollte man sich darüber nicht lustig machen. Was ich gar nicht tat, ich musste eben nur darüber lachen, dass der Typ auf einmal ein Käfer war, das war doch was anderes. Außerdem verstand ich nicht, was das miteinander zu tun haben sollte. Warum man über was Abgerungenes nicht lachen durfte. Und eigentlich war mir das sowieso egal, ob Franz Kafka bei seiner Wortsucherei vor lauter Verzweiflung in den Schreibtisch gebissen oder ob er nebenbei mit seinem Onkel telefoniert und die Geschichte dabei mal eben auf den Notizblock gekritzelt hatte. Es war einfach eine echt gute Geschichte, oder?
Matthias Brandt, Backbird. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2019, S. 75f.
„Blackbird“ – die Amsel, und gleichzeitig ein Lieblingslied von Bogi – ist eine Ode an die Freundschaft und Menschlichkeit. Ein Roman, den man lesen sollte, weil er sich fernab vom Perfekten, Glatten bewegt und das echte Leben feiert!
Super Lesetipp für Jungs, die noch keine Freunde des Lesens sind!
Ab 14 Jahren
Matthias Brandt
Blackbird
Kiepenheuer & Witsch
Köln 2019
275 Seiten
ISBN 978-3-462-05313-5
Blackbird-papers
Der Titel „Blackbird“ = die Amsel bietet viele gestalterische Möglichkeiten! Ich habe mich für eine Papierarbeit entschieden, denn die Schule beginnt und Hefte, egal womit sie gefüllt werden, machen mehr Freude, wenn sie einem gefallen.
Die Technik mit dem Stempel aus Moosgummi habe ich bereits bei „Kannawoniwasein!“ Zusatz „Dinoschlüppi“ ausführlich beschrieben, deshalb sind im Folgenden die Erklärungen etwas knapp. Also wenn ihr etwas nicht versteht, einfach unter „Dinoschlüppi“ nachsehen 🙂
Material
Papier, Zeitungsausschnitte, Hefte (alles nach Wahl), ein kleines Stück Moosgummi und Karton, Klebstoff, Pinsel, Schere, schwarze Tusche oder Wasserfarbe (evt. Buchstabenstempel, wer welche hat).
Vogel auf Moosgummi aufzeichnen, ausschneiden, auf Karton kleben (Karton doppelt), Tusche aufpinseln und Testdruck machen.
Hier habe ich Geschenkspapier bedruckt…
Und hier habe ich einfach Zeitungspapier genommen, es bedruckt und anschließend als Art Banderole um ein Heft geklebt. Für einen besseren Halt und als Schutz kann man das Ganze dann noch mit Buchschutzfolie bekleben!
Eine andere Variante…
Viel Spaß beim Ausprobieren!
PS: Im Französischen heißt Amsel übrigens „Merle„! Wenn du also selbst Merle heißt oder eine Merle kennst, dann wäre diese Bastelidee sicher passend!